Mitschuldig an sexualisierter Gewalt?!
Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen: Patriarchale Strukturen beeinflussen weiterhin unser Denken. In unserer Umfrage haben wir uns mit stereotypischen Rollenbildern, psychischer, körperlicher und sexualisierter Gewalt auseinandergesetzt.
Die Ergebnisse sind durchmischt. Während einige stereotypische Rollenbilder nur noch von wenigen Teilnehmer*innen unterstützt werden, sind andere doch noch stark in den Denkmustern vorhanden.
Erschreckende Erkenntnisse zeigen sich bei der Häufigkeit der erlebten Gewalt. Bei Frauen und nicht-binären Personen geben weit mehr als die Hälfte an, psychische und/oder sexualisierte Gewalt erlebt zu haben. [Grafiken 1 und 2]
Bei den Männern hat fast die Hälfte psychische Gewalt erlebt, 17% der Männer geben an, sexualisierte Gewalt erlebt zu haben. [Grafiken 1 und 2]
Die Umfrage zeigt aber auch erfreuliche Ergebnisse. Die meisten der Teilnehmen sprechen mit ihrem Umfeld oft oder manchmal über psychische oder sexualisierte Gewalt, unabhängig vom Geschlecht. [Grafiken 3 und 4]
60% der Teilnehmenden haben zudem angegeben, in problematischen Situationen eingegriffen zu haben. [Grafik 6]
Ausserdem sind sich fast alle Teilnehmenden einig, dass Männer stärker in die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt miteinbezogen werden sollen. [Grafik 7]
Stereotypische Rollenbilder
Die Teilnehmer*innen der Umfrage haben auf die verschiedenen stereotypischen Aussagen sehr unterschiedlich reagiert.
16% der Männer, 10% der Frauen und 4% der nicht-binären Personen stimmen (teilweise) zu, dass Frauen schlechter Auto fahren, als Männer. [Grafik 8]
Der Grossteil stimmt der Aussage nicht zu.
Dasselbe Antwortmuster zeigt sich bei der Aussage, dass Männer möglichst wenig Emotionen zeigen sollen. [Grafik 9]
Die Aussage, dass Männer sachlich und logisch denken und handeln, und Frauen emotional, hat bei fast der Hälfte (teilweise) Zustimmung gefunden. [Grafik 10]
Dasselbe Muster zeigt sich bei den beiden Kontrollfragen. [Grafiken 11 und 12]
Das Vorurteil, dass Frauen sehr viel mehr reden würden, hält sich hartnäckig. [Grafik 13]
Diverse Studien zeigen, dass Frauen besonders am Arbeitsplatz und in öffentlichen Kontexten sehr viel weniger Sprechzeit haben. (1)
Auch bei privaten Gesprächen liessen sich keine aussagekräftigen Daten dazu sammeln, dass Frauen mehr reden würden. (2)
Jeder dritte Mann und jede vierte Frau gaben an, dass die Mutter als Bezugsperson für ein Kind wichtiger sei, als der Vater. [Grafik 14]
Studien zeigen, jedoch, dass der Vater für ein Kind genauso wichtig ist und Einfluss auf die Entwicklung des Kindes hat. (3)
Diese stereotypische Rollenverteilung schliesst zudem homosexuelle Paare oder Regenbogen- und Patchworkfamilien aus.
Knapp 20% der befragten Frauen und ganze 33% der Männer stimmten (teilweise) zu, dass Männer Beschützer seien und auch mal Härte zeigen müssten. [Grafik 15]
Ein gutes Beispiel dafür, dass auch Männer unter den patriarchalen Strukturen leiden.
Hier ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern wieder grösser – während jeder dritte Mann (teilweise) über frauenfeindliche Witze lacht, ist es bei den Frauen nur jede fünfte. [Grafik 16]
Psychische Gewalt
Der grosse Teil der befragten Personen ist nicht damit einverstanden, das Handy des*der Partner*in zu durchsuchen. [Grafik 17]
Interessant: Während knapp die Hälfte der Männer und mehr als Hälfte der Frauen angegeben haben, den*die Partner*in schon einmal angeschrien oder beschimpft zu haben, geben später nur nur knapp ein Viertel der Befragten der Frauen und Männer an, schon einmal psychische Gewalt ausgeübt zu haben. [Grafiken 18 und 19]
Die Befragten sind sich aber einig, dass es schwieriger ist, psychische Gewalt zu benennen, als körperliche Gewalt. [Grafik 20]
Körperliche/sexualisierte Gewalt
Bei den Aussagen, dass man sich wohl fühlt, tagsüber oder nachts alleine durch die Stadt zu laufen, zeigen sich Unterschiede.
Während sich am Tag die meisten Befragten sicher fühlen (95% der Männer und 94% der Frauen), sinkt diese Sicherheit nachts beträchtlich. Dann fühlen sich nur noch 84% der Männer und nur noch knapp die Hälfte der Frauen sicher. [Grafiken 21 und 22]
Das Thema sexualisierte Gewalt bringt traurige Ergebnisse zum Vorschein.
Mehr als die Hälfte der Frauen gibt an, bereits mindesten einmal sexualisierte Gewalt erlebt zu haben und fast jeder fünfte Mann. [Grafik 2]
Bei Frauen waren meist Personen aus dem nahen Umfeld die Täter*innen, bei den Männern sind sie recht gleichmässig verteilt. [Grafik 23]
Die klare Tendenz ist, dass nur der kleinste Teil dieser sexualisierten Gewalt angezeigt wurde. [Grafik 24]
Ein weiteres, auffälliges Ergebnis, ist der Fakt, dass jeder dritte Mann freizügig gekleideten Personen eine Mitschuld an sexualisierter Gewalt, die sie erleben, gibt. [Grafik 25]
Bei den Frauen sind es 23% die (teilweise) zustimmen.
Mehr als die Hälfte der Frauen und 41% der Männer geben an, in einer Paarbeziehung in ihrem Umfeld psychische, körperliche und/oder sexualisierte Gewalt mitbekommen zu haben. [Grafik 26]
Die Umfrage ist nicht repräsentativ, es haben insgesamt 8859 Personen teilgenommen, davon sind 68% Frauen, 31% Männer und 1% nicht-binäre Personen.
Quellen:
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18453467/
- https://www.sciencedaily.com/releases/2007/07/070705152953.htm
- https://www.researchgate.net/publication/242655040_Paternal_involvement_Revised_conceptualization_and_theoretical_linkages_with_child_outcomes