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Die Qual der Wahl – Eine rezeptfreie Methode

Christoph Rohland ist Umweltaktivist und Autor mehrerer Bücher. Als aktives Mitglied engagiert er sich besonders für den Klimaschutz und in der Klimakampagne von Campax. Zum Anlass der Klimademo in Bern hat er diesen Brief verfasst.

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Berner-Demo vom 30.09.23

und alle Schweizerinnen und Schweizer

 

Weil wir im Herbst National- und Ständeräte neu bestimmen können, welche der Umwelt und dem Klima oberste Priorität einräumen, schreibe ich diesen Brief.

 

Am 22. Oktober stehen fast 6000 Kandidierende zur Auswahl. So wird es schwierig, aus den unzähligen Wahl-Listen exakt die Personen herauszufiltern, welche sich wirklich für eine nachhaltige und sozial-gerechte Welt engagiert haben oder beabsichtigen, dies in Zukunft zu tun. Auch wenn die Schweiz über Parteien regiert wird, so heisst das noch lange nicht, dass wir ihnen globale Entscheide zur Schweizer Politik alleine überlassen. Wir möchten eher engagierte Einzelpersonen wählen, welche die berechtigten Sorgen unseres Planeten zu 100% ernst nehmen und sich engagiert für die Zukunft einsetzen. Der eingeschlagene Weg hat zum geopolitischen Kollaps geführt. Die Kipppunkte sind erreicht oder gar überschritten. Jetzt wählen wir Politikerinnen und Politiker, die handeln und nicht sitzen.

 

GLOBALES HANDELN

Unsere widerwillige Bereitschaft, unser Verhalten zu ändern, erklärt sich durch die kognitive Dissonanz, die uns ständig bodigt; unser ur-eigenes Handeln, das Sich-Wehren gegen die Ohnmacht falscher Werte, das Überwinden von überholten Gewohnheiten, das Finden neuer demokratisch-föderalistischen Lösungen für die ganze Welt ist noch immer ungelöst. Nebst unseren individuellen Anpassungen, brauchen wir dringend politische Massnahmen und verbindliche Klima-Abkommen auf nationaler und internationaler Ebene. Das muss die Kernaufgabe der im Herbst gewählten Regierenden werden.

 

WEGE & ZIELE DER ÖKONOMIE

Meiner Babyboomer-Generation ist es gelungen, die internationalen Handelsmärkte zu erobern und zu erweitern. Dadurch entstanden egoistisches Wachstum und materielle Lebensverbesserung auf allen Kontinenten. Allerdings blieben die sozialen und mehr noch die rechtlichen Aspekte dieser dramatischen Entwicklung auf der Strecke. Infolge haben viele Nationen marktwirtschaftlich rasch und gewinn-orientiert zugelegt. In unserem egozentrischen Zeitalter wurde weder der kleine Inselbewohner noch der mächtige Konzernbaron auf gesetzlichem Weg daran gehindert, die Ressourcen der Welt für sich ausbeuten zu können. Doch genau das war möglich, weil Nationen in Rechtsfragen ihrer Verfassung nur für sich zuständig sind und nicht über die Grenzen hinaus verantwortlich gemacht werden können. Dabei möchten wir das Gegenteil; als ehrliche Demokraten ist es unser Ziel, Gewinne zu vermehren, aber sozial-gerecht und für alle Weltbürger.

 

Wir lernen aus der Gemeinwohl-Ökonomie, dass wir den materiellen Wachstumspfad so rasch als möglich auf einen sozial-gerechten Weg bringen müssen, wo weniger mehr bedeutet. So radikal die Gemeinwohl-Idee ist, sie zeigt vor allem eins; der globale Markt, welchem wir alle unterliegen, löst die Probleme unseres Planeten nicht, solange Besitz und Ressourcen nicht unter mehr Menschen aller Nationen verteilt werden. 

 

KEIN VERZICHT – NUR GRÜNES SCHRUMPFEN

Ja, sich vom Auto, Fliegen und überflüssigem Besitz zu trennen, mag für viele eine einschneidende Erfahrung sein, die zunächst wehtut. Solche Entscheide bergen jedoch die grosse Chance, sich vom Babyboomer-Verhalten zu lösen, um für neue Marktsysteme offen zu sein. Mehr unter Degrowth-Gesellschaft. Verzichten bedeutet in diesem Sinne, sich persönlich auf ein emissionsfreies und nachhaltiges Leben einzulassen. Natürlich gehen bei einer solchen Korrektur Geld und Profit verloren, doch wir gewinnen auch etwas: Ein Zusammengehen aller Nationen in einer globalen Demokratie. Mehr unter Demokratie ist ein Menschenrecht.

 

WÄHLEN & ENTSCHEIDEN

Damit Klima- und Umweltschutz die oberste Priorität bei den Wahlen haben, sollten alle abstimmen. So leisten wir unseren Beitrag für die Zukunft. Zudem gehen Menschen und nicht Parteien an die Urne. Auf https://www.smartvote.ch/de/home und Umwelt-Rating stehen ausgezeichnete Vorschläge von Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl.

 

Soeben haben wir 175 Jahre Schweiz gefeiert. Das Bundeshaus erhielt vom Bundesrat und Nationalrat reflektierende Keramikplatten für das dreieckige Giebelfeld des Gebäudes. Doch das Geburtstagsgeschenk zeigt wenig Glanz, um unserem grössten Problem, dem globalen Klimawandel die Stirn zu bieten und Lösungen in der Gemeinschaft mit allen Völkern zu vereinbaren.

 

Wählen sie besonnen und engagiert. Ihre Stimme zählt und hat grosses Erfolgspotential. Vergeben Sie dieses demokratische Recht nie an andere – es ist der unantastbare Juwel Ihrer ganz persönlichen Freiheit.

 

Freundliche Grüsse

Christoph Rohland, Hinwil