Manifest: Grundrechte für alle, auch an den Grenzen!
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Die im Dezember 2023 beschlossene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) steht vor der Umsetzung. Sie sieht unter anderem vor:
- dass geflüchtete Menschen, auch Familien mit Kindern, an den EU-Aussengrenzen in riesigen Flüchtlingslagern unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden;
- dass dort Grenzverfahren ohne genügenden Rechtsschutz stattfinden. Diese Verfahren sollen, u.a. für alle Menschen durchgeführt werden, die aus einem Land kommen, für das es weniger als 20% Chance auf Asyl gibt. Ziel ist es, mit schnellen Ablehnungen und Rückführungen in das Heimatland oder ein vermeintlich sicheres Drittland, weitere Schutzsuchende abzuschrecken;
- dass die Personen, denen ein reguläres Asylverfahren gewährt wird, unter gewissen Bedingungen nach einem Verteilschlüssel den europäischen Ländern zugewiesen werden. Die Länder, die niemanden aufnehmen wollen, können sich davon freikaufen oder Personal an die Aussengrenzen schicken.
Damit werden Symptome statt Ursachen bekämpft. Migration lässt sich so nicht verhindern und die verheerenden Zustände an den EU-Aussengrenzen (wie z.B. in Griechenland) werden nicht verbessert – im Gegenteil. Das neue GEAS hat für Schutzsuchende drastische Verschlechterungen zur Folge. Die geplanten Massnahmen verletzen die Grundprinzipien nationaler, europäischer und internationaler Rechtsabkommen, die jedem Menschen aufgrund seines Menschseins zustehen.
Die Entwicklungen an den EU-Aussengrenzen gehen auch die Schweiz etwas an, nicht bloss aufgrund des Schengen- und des Dublin-Abkommens, sondern auch als Geburtsstätte der Genfer Flüchtlingskonvention.
Der Abbau von Grundrechten bedroht uns alle! Wir sagen: Nicht in unserem Namen! Wir wollen eine offene Gesellschaft und sagen Nein zu Abschreckung und Abschottung! Es braucht eine angstfreie, zukunftsweisende Gestaltung der Migration.
Wir fordern den Bundesrat auf,
- sich im Rahmen unserer Schengen/Dublin-Assoziierung für die Einhaltung von Menschenrechtsstandards und die vollumfängliche Respektierung der Rechte von Asylsuchenden einzusetzen;
- die Aushöhlung der Genfer Flüchtlingskonvention und weiterer völkerrechtlicher Verträge konsequent sowohl im innen- als auch im aussenpolitischen Kontext zu bekämpfen;
- im Rahmen des Solidaritätsmechanismus freiwillig eine angemessene Zahl Asylsuchende zu übernehmen.
Die Anerkennung der Würde und der gleichen Rechte aller Menschen ist die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Gefragt sind Schritte, die in diese Richtung führen.
Erstunterzeichnende: Alec von Graffenried, Anni Lanz, Balthasar Glättli, Carlo Sommaruga, Cécile Bühlmann, Cédric Wermuth, Christoph Sigrist, Delphine Klopfenstein Broggini, Elham Manea, Greis, Jacques Poget, Jean Ziegler und Erica Deuber Ziegler, Jean-Marie Lovey, Kaspar Surber, Lara Stoll, Lisa Mazzone, Mario Botta, Mattea Meyer, Michael Elsener, Milo Rau, Norbert Valley, Omri Ziegele, Paul Rechsteiner, Ralph Kunz, Rubin Gjeci, Ruth-Gaby Vermot-Mangold, Vania Alleva, Xavier Koller
Organisationen: Aktionsgruppe Nothilfe, AsyLex, Be Aware And Share (BAAS), Begegnung mit Menschen auf der Flucht, Beim Namen nennen, Bündnis noGEAS, Campax, ChristNet, Demokratische Jurist*innen der Schweiz, Freiplatzaktion Basel, Frieda, humanrights.ch, Jesuiten-Flüchtlingsdienst Schweiz, Iamaneh, medico international schweiz, netzwerk migrationscharta.ch, Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht, Seebrücke Schweiz, solinetze.ch, sosf – Solidarité sans frontières, Verein Offenes Scherli